Freitag, 11. August 2006: Einmal mehr fanden sich 35 Teilnehmer
mit 24 Fahrzeugen kurz vor 13.00
Uhr am Treffpunkt „Industrie Fällanden“ zu dieser vielversprechenden MFF-Reise
ein. Wie üblich zeigte sich das Wetter recht durchzogen, kurzen trockenen
Abschnitten folgte wieder Nieselregen und auch die Temperaturen „waren
für die Jahreszeit zu kalt“ um den wohl häufigsten Satz aus den Schweizer
Wetterprognosen zu zitieren.
Nichts desto trotz setzte sich der
beachtliche Konvoi, bestehend aus vier Jeeps MB 44, zwei CJ2-A, zwei
CJ3-A, vier CJ3-B, drei CJ-5, einem MOWAG Commando, zwei Pinzgauern,
einem Saurer 4MH, einem Saurer 2DM und vier Condor-Armee-Motorrädern, in
östlicher Richtung in Bewegung. Wie bei Ausflügen in diese
Himmelsrichtung üblich, führte die Strecke via Turbenthal, Bichelsee,
Wil, Stadt St. Gallen, Rorschach nach Altenrhein zum 2. Treffpunkt in
Staad beim Hundertwasserhaus.
Dort gesellten sich weitere 10 Teilnehmer mit 5 Fahrzeugen zu uns,
darunter Haflinger, ein VW-Kübel Typ 82, Jeep CJ2-A und CJ3-B, ein Puch
230 GE.
Hier durften wir auch unseren Kameraden
und Reiseleiter Armin Baldauf mit seinem Haflinger begrüssen, welcher
fortan für Organisation und Durchführung des Ausfluges verantwortlich
zeichnete. Wahrlich auch für einen bestandenen Bundeswehroffizier im
Oberstleutnant-Rang kein leichtes Unterfangen, einen Tross von 30
Fahrzeugen und (ab Sonthofen) 50 Leuten 4 Tage lang sicher durch die
Weltgeschichte zu navigieren, inklusive Verpflegung und Unterkunft.
Um es gleich vorwegzunehmen: Armin hat
hier einen sensationellen Job hingelegt, und das erst noch zu einem
ausserordentlich günstigen Preis ! So ging’s denn weiter, immer noch in
Nieselregen und (relativer) Kälte nach Höchst, Fussach, Bregenz, Langen, Doren, Krumbach, bei
Oberstaufen auf die B 308, entlang dem Alpsee, Richtung Immenstadt nach
Sonthofen. Eine Verzögerung wurde noch durch eine kleine Panne bei einem
Jeep verursacht, welcher schliesslich an der Stange nach Sonthofen
mitgeschleppt werden musste. Das Fahrzeug konnte aber in Sonthofen wieder
fit gemacht werden, das Problem lag an den Unterbrecher-Kontakten.
In der ehemaligen Ordensburg,
welche heute General-Oberst Beck-Kaserne heisst, bezogen wir sehr
grosszügige und komfortable Unterkünfte, allerdings nicht mehr in einem
„Original-Gebäude“, sondern in einem Nachkriegsbau aus den 70-er Jahren.
Armin hatte für uns ein Nachtessen organisiert, welches von Extern
herangeschafft werden musste, da zu dieser Zeit kein Lehrgang der dort
ansässigen Feldjägerschule
der Bundeswehr statt fand. Trotz Ferien erklärte sich
aber das Pächterehepaar bereit, für uns einen abendlichen Sondereinsatz
zu leisten und die Verpflegungs-Ausgabe zu bewerkstelligen.
Samstag, 12. August 2006: Bereits um 06.30 Uhr wartete der Bus
auf dem Vorplatz, wo wir am Abend unsere Fahrzeuge sauber in Reih und
Glied parkiert und zum Teil wetterfest zugepackt hatten. Die Weiterreise
nach Berchtesgaden, bzw dann auf den Obersalzberg wäre für unsere doch eher
bedächtigen Fahrzeuge mit über 300 km von Sonthofen aus zu lang gewesen,
sodass Armin diese Lösung für uns organisiert hatte. Nach einem
reichhaltigen Frühstück in der Grünten-Kaserne in Sonthofen ging’s dann
im Bus Richtung München und von dort aus auf die berühmte Autobahn
München-Salzburg, welche ihrem Ruf mit mehreren ärgerlichen Staus voll
gerecht wurde. Angesichts des noch immer regnerischen Wetters war wohl
niemand enttäuscht, dass er (oder sie) nun im trockenen, warmen Bus
verschieben konnte, anstelle unserer luftigen und zuweil etwas feuchteren
Militärfahrzeuge oder sogar Motorräder.
Schliesslich trafen wir zur
Mittagszeit in Berchtesgaden
ein und hatten dort Zeit für einen
Imbiss und eine kurze Besichtigung dieses Touristenortes. Trotz
weiterhin trüben Wetters hinterliess der Ort einen sehr freundlichen
Eindruck. Schliesslich ging’s dann weiter, die steile Bergstrasse hinauf
auf den Obersalzberg, ins ehemalige Führersperrgebiet. Dieses hat sich seit
1945, und insbesondere nach Rückgabe der Gebietshoheit durch die US-Armee
an den Freistaat Bayern im Jahr 1995, zu einem erstrangigen
Touristenmagnet entwickelt.
Unter Verwendung von Fragmenten des
ehemaligen Gästehauses der Partei (NSDAP) wurde das Gebäude „Dokumentation
Obersalzberg“ erbaut, welches
die Geschichte des Nationalsozialismus und des 3. Reiches im Allgemeinen,
sowie die zugehörige Geschichte des Obersalzberg im Speziellen, sehr
umfassend und detailliert darstellt. Durch Abgabe einer Art
„Mobile-Telefon“ braucht man für den Rundgang keinen Führer, man tippt
einfach die entsprechende Nummer in das Gerät ein und hört dann die
Erklärungen über das zu sehende Exponat.
Besonders eindrücklich ist die
Besichtigung der wieder zugänglich gemachten Bunkeranlagen. Diese
verbanden die wichtigsten Gebäude und Wohnhäuser der dort ansässigen
Führungspersonen des 3. Reiches, wie Hitler, Göring (Luftwaffenchef),
Bormann (Sekretär Hitlers), Speer (Rüstungsminister) usw. untereinander
und dienten deren Schutz, sowie auch dem des dort beschäftigten
Personals, Wachmannschaften, Adjutanten, Sekretärinnen etc bei
allfälligen Luftangriffen. Die Ruinen dieser Wohnhäuser, Kasernen,
Gästeunterkünfte usw. (das Gebiet ist noch im April 1945 schwer
bombardiert worden) sind aber in der Zwischenzeit zum grössten Teil
abgetragen oder überbaut worden, wie z. B. das Haus von Göring durch das
neue Intercontinentalhotel.
Auch vom ehemaligen Haus Hitlers, dem Berghof,
sieht man praktisch nichts mehr, es braucht Insiderkenntnisse um
Standort, Ausdehnung und Lage des ehemaligen Gebäudes und dessen Umgebung
(z. B. die berühmte Zugangstreppe)
genau zu lokalisieren. Kein Hinweis, keine Tafel, rein gar nichts.
Eigentlich schade, dass man so lange glaubte (heute hat sich das geändert
!), diese Geschichtsepoche mittels Planierraupen, Sprengstoff und
Aufforstung bewältigen zu können.
So existieren halt heute nur noch ganz wenige unbeschädigte
Gebäulichkeiten, welche von dieser Zeit
Zeugnis ablegen können!
Überdauert haben, wie erwähnt, die
Bunkeranlagen, welche jetzt mehr und mehr erschlossen und zugänglich
gemacht werden. Interessant sind auch verschiedene Filme, welche in den
unterirdischen Räumlichkeiten gezeigt werden, so z.B. Amateuraufnahmen
von Soldaten, welche mit ihren Schmalfilmkameras (sogar teilweise in
Farbe), Szenen aus ihren Einsätzen oder aus dem Soldatenleben in der
Etappe im 2. Weltkrieg dokumentieren.
Nach diesen interessanten
Besichtigungen brachte uns unser Bus nach Ramsau in das, in traumhafter
Lage, direkt am See gelegene CVJM-Gästehaus Hintersee, Wiederum konnten wir überraschend
komfortable Zimmer, z.T mit
See-Sicht, beziehen. Mit einem guten Nachtessen und einer anschliessenden
See-Umrundung auf dem gepflegten Fussweg (35 Min) ging dieser Tag mit
einem kameradschaftlichen Umtrunk zu Ende.
Sonntag, 13. August 2006:
„Wir fahren auf jeden Fall auf den Kehlstein,
und das bei jedem Wetter“, hatte Reiseleiter Armin bereits am Vorabend
kundgetan. Erfreulicherweise gab ihm die Wettersituation vom Sonntag
morgen 100%-ig recht ! Nachdem sich der lokale Morgennebel rasch
gelichtet hatte, begrüsste uns ein wolkenloser Himmel samt milder
Spätsommersonne. Schnell waren wir
wieder mit unserem Bus auf dem neuen grossen Parkplatz auf dem „Berg“,
dort wo einst der Platterhof, bzw dann nach 1945 das General Walker Hotel
gestanden hatten. Jetzt trennen uns nur noch einige Schritte zum
ebenfalls neu errichteten Kehlstein-Bus-Terminal, wo immer 4 grosse Busse
im Konvoi die Bergfahrt zusammen machen.
Beeindruckt von der atemberaubenden
Linienführung der Kehlsteinstrasse, welche im oberen Bereich Meter für
Meter in den Fels gesprengt worden ist, und nach passieren von fünf Tunnels,
erreichten wir schliesslich den grossen Parkplatz mit den bereits weit
offen stehenden Toren, welche den Blick in den berühmten Zugangsstollen
freigeben. Am Ende dieses, mit erstklassigem Baumaterial hergestellten,
auch nach über 60 Jahren völlig trockenen Stollens, erwartet uns eine Erweiterung, einer
kleinen Kapelle ähnlich. Dann
öffnet sich die grosse Lifttüre und wir fahren mit dem vollständig aus
Messing bestehenden und mit grünen Plüschsitzen ausgestatteten Aufzug
direkt durch den Fels, 124 m hoch ins Kehlsteinhaus. Strasse , Stollen,
Lift und Haus sind praktisch noch im Originalzustand, wie 1938 erbaut und
anlässlich des 50. Geburtstages von Hitler, diesem als Geschenk der
Partei übergeben.
Oben im Kehlsteinhaus gelangten wir
dann in den Genuss dieser nun wirklich auf die Minute genau eingetroffene
Schönwetterfront, konnten die sagenhafte Aussicht auf Königssee,
Watzmann, die umliegenden Berge sowie das gesamte Berchtesgadenerland voll
auskosten. Kein Wunder wird dieser Ort von über 500'000 Besuchern
jährlich frequentiert ! Auch das Haus selbst zeugte wieder von der
absoluten Top-Bauqualität, welche natürlich so nur für einen Prestigebau
zu Anwendung gelangte und auch ihren Preis hatte. Bald 70 Jahre, ohne
jede Beschädigung, in dieser Höhe, Witterung und den langen Wintern auf
über 1800 m Meereshöhe ist wohl schon bemerkenswert. Die gesamte Anlage,
also Kehlsteinstrasse, Stollen, Lift und das Haus haben übrigens
seinerzeit 30 Mio Reichsmark gekostet, was nach heutigem Wert etwas 150
Mio Euro betragen würde.
So konnten wir dann am späteren
Nachmittag die „Heimreise“ mit dem Bus nach Sonthofen antreten, diesmal
umgekehrt, in Richtung Salzburg – München, mit einem weiteren 10 km Stau.
Dieser wurde aber durch unseren Driver Wolfgang elegant via
nächstgelegene Ausfahrt umfahren, und wir konnten somit auf der
parallelen Landstrasse dem schwarzen Ferrari, welcher uns zuvor mit 200
km/h überholt hatte, Winke-Winke
machen. Am Abend kam dann der
Ausklang in einer der zahlreichen und guten Sonthofener Gastätten mit
einer ellenlangen Speisekarte.
Montag, 14. August 2006: Rückreisetag mit unseren eigenen Fahrzeugen von
Sonthofen in die Schweiz. Nochmals
konnten wir das reichhaltige „Bundeswehr-Frühstück“ in der Grüntenkaserne
geniessen. Dann führte unser Weg
wiederum entlang der Deutschen
Alpenstrasse, durch eine herrliche,
wahrhaft sehenswerte Landschaft, welche wir ja zum Teil bereits von
unseren früheren MFF-Reisen her kannten. Für einmal sogar mit akzeptablem
Wetter, sodass man von dieser Fahrt nun wirklich etwas mit nach Hause
nehmen konnte.
Ein kleiner
Abstecher durch Armin’s Heimatgemeinde Scheidegg im Allgäu beschehrte uns noch
einen gewaltigen Zuschauer-aufmarsch bei unserer Ehrenrunde durch das
Dorf. Unser Konvoi war in der Regionalpresse angekündigt worden und viele
Einwohner wollten demzufolge unsere Militärfahrzeuge erleben. Wir wurden
beklatscht und „Daumen nach oben“ begrüsst. Anschliessend reichte der Bestand unserer Reisekasse noch
dazu, in einer Scheidegger Gaststätte Schweinerückensteak und Pommes zu
Mittag zu essen. Sogar für ein Getränke war noch Reserve vorhanden,
nachdem die Bundeswehr uns eine Uebernachtung weniger als ursprünglich
kalkuliert, verrechnet hatte !
Weiter gings
dann durch die malerischen Landschaften im deutsch-österreichischen
Grenzgebiet, bis wir wieder via Bregenz in Staad beim Hundertwasserhaus
eintrafen, von wo aus dann die Heimreise individuell erfolgte. Vorher
hatten wir selbstverständlich unseren Reiseleiter Armin auf das
Herzlichste verabschiedet, verdankten wir ihm doch eine weitere MFF-Reise
der Superlative, mit perfekter Organisation, schönen Landschaften, sowie,
für viele wohl zum ersten Mal, eine Besichtigung historischer Plätze,
welche lange Jahre die Schlagzeilen der Weltgeschichte dominierten !
Ende August
2006 / Röbi Steiner
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